NOVEL PLEASURE

20. Januar 2024, 18 – 21 Uhr

NOVEL PLEASURE

Ein Abend mit:
Lutz Bacher, Gregg Bordowitz, Billy Bultheel, Anne McGuire, Mary Margaret O’Hara, Dylan Peirce, Rachel Reupke, Edward Thomasson und Ian White

Kuratiert von James Richards und Fatima Hellberg

Novel Pleasure baut auf neu in Auftrag gegebenen Performances und ausgewählten Arbeiten, die im Sinne eines Varietés gescreent, inszeniert und rezitiert werden und Choreografien, Kammermusik, Videos sowie elektroakustischen Sound umfassen.

Viele der Werke, die auf Übergänge zwischen Musik, Klang und Stimme zurückgreifen, handeln von der Schwelle zwischen interner und externer Welt, von der Interaktion zwischen innerem Monolog und dem, was in der Beziehung zu anderen entsteht. Der rund dreistündige Abend ist als Entfaltung und partielle Enthüllung strukturiert, mit einer Pause für eine kleine Mahlzeit.

Novel Pleasure ist Teil einer langjährigen Projektreihe von James Richards und Fatima Hellberg, die sich mit der fragilen Natur von Zusammenarbeit, Lebendigkeit und dem Kuratieren beschäftigt. Über bloß einstudierte Gesten und die Anwesenheit von KünstlerInnen hinaus birgt die Veranstaltung in ihrer allgemeinen Kontingenz vor allem das Versprechen Begegnungen zu schaffen – dank einer gezielten Aufmerksamkeit für das, was sonst im Raum passiert und mit wem. Die Verknüpfung verschiedener Werke und Arbeitsweisen, Weisen des Miteinanders und des Getrenntseins – des Unversehrtbleibens und des Bezogenseins – ist Teil der Logik von Novel Pleasure.

In diesem Sinne werden die Verbindungen zwischen informativen und expressiven Gehalten, konzeptuellen und körperlich-spontanen Elementen und deren Potenzial ineinanderzufließen erforscht; innerhalb des Spannungsfeldes zwischen Zusammenhalten und einem ungeheuerlichen Loslassen.

Das Programm eröffnet mit Lutz Bachers What Are You Thinking?, eine Tonspur zweier Liebenden im Regen in Endlosschleife, begleitet von einer abklingenden Schwarz-Weiß-Überblendung. Die monumentale Projektion ist zugleich Bild und reine Erhellung: kein Fenster in eine andere Welt, sondern Licht, das auf uns zurückfällt. Die Phrasen wirken vertraut wie ein filmisches Déjà-vu: liebevolle Worte, die in alten Kinosälen über die Lippen gingen, oder während wir mitten im Film aufwachen, benebelt und verschwommen vom bittersüßen Ausgang.

What Are You Thinking? bildet zugleich Stimmgabel und Auftakt des Programms:

Lutz Bacher, What Are You Thinking? (2011)
Edward Thomasson, Security (2023), Let this longing lead me (2024), Trouble (2024) 
Billy Bultheel, Auszüge aus Mt. Analogue (2023)
Rachel Reupke, Questionnaire (2021) 
Anne McGuire, Joe Dimaggio 1,2,3 (1991)
Dylan Peirce, Stepping Room (2024)
Gregg Bordowitz, Gone Missing (2024)
Ian White, Black Flags (2009-10)

Im Rahmen der Einzelausstellung von Michael Kleine und im Hinblick auf die kommende Ausstellung von Gregg Bordowitz entfaltet sich der Abend nach der Logik des Cadavre Exquis, einer Entfaltung miteinander verbundener Teile und in Anspielung darauf, dass wir nach Bordowitz' Beobachtung “weder der Ursprung noch das Ende unserer Emotionen” sind.

Dieser Raum der Verletzlichkeit der Stimme kommt auch in den Arbeiten von Edward Thomasson zum Ausdruck, sowohl in seiner Soloperformance Security als auch in einer neu konzipierten Intervention zu Mary Margaret O’Haras Kultklassiker Body’s in Trouble von 1988. Die Stimmung bewegt sich zwischen Manieriertheit und Verletzlichkeit, Bekenntnis und Parodie. Viele seiner Texte, die gemeinsam mit Amateuren präsentiert werden, erklingen eher in Form von Gesang als gesprochenem Wort und erwecken zuweilen den Eindruck von Chorälen.

Im Laufe des Abends wird Billy Bultheel Teile aus Mt. Analogue präsentieren, einer raumgreifenden Komposition, die Strukturen von Harmonie, Rhythmus und Klangfarbe im Zusammenspiel von Gesang und Blechbläsern moduliert. Dylan Peirces neu konzipiertes Stück Stepping Room ist eine Komposition aus Schritten, die sich rhythmisch zu einer Atmosphäre aufbauen. Das Auftreffen der Füße auf dem Boden evoziert dabei andere körperliche Zyklen, vom Atmen bis zum Herzschlag, vom Tanzen bis zum Marschieren.

In Anne McGuires Joe Dimaggio 1, 2, 3 verfolgt die Künstlerin die Hollywood-Ikone Joe Dimaggio in ihrem Auto und singt ihm ein Ständchen – ein privater Streich, der in virtuoser Hysterie ausartet.

Die Videoarbeit Questionnaire von Rachel Reupke zeigt zwei zitternde Lo-Fi-Avatare, die einen Fragebogen zu ihrer psychischen Verfassung durchgehen. Die Aussagen und Bewertungen werden sich in einer Mischung aus Aufmerksamkeit und Ablenkung, Zurückhaltung und Promiskuität gegenseitig vorgelesen.

Gregg Bordowitz’ Beitrag hat die Form einer Videoansprache und einer Meditation über die Frage, was wir mit der Aussage, dass jemand “nicht mehr da ist”, ausdrücken wollen. Der negative Raum der Abwesenheit markiert hier einen Ort, der offen dafür ist, mit Bedeutung und Präsenz gefüllt zu werden. Diese Reflexion fließt auch in die Neuinszenierung der Performance Black Flags von Ian White ein, die von Adam Sinclaire aufgeführt wird. Black Flags war Teil einer längeren Recherche Whites zur Negation als Ermöglichung von Neuem, als Horizont der Großzügigkeit.

Mit besonderem Dank an Charles Asprey und Andreas Hölscher.

Prélude von Billy Bultheel mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes (2024)

Prélude von Billy Bultheel mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes (2024)

Prélude von Billy Bultheel mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes (2024)

Prélude von Billy Bultheel mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes (2024)

Edward Thomasson, Security (2023)

Edward Thomasson, Security (2023)

Edward Thomasson, Security (2023)

Edward Thomasson, Security (2023)

Ian White, Black Flags (2009-10) mit Adam Sinclaire

Ian White, Black Flags (2009-10) mit Adam Sinclaire

Ian White, Black Flags (2009-10) mit Adam Sinclaire

Ian White, Black Flags (2009-10) mit Adam Sinclaire

Ian White, Black Flags (2009-10) mit Adam Sinclaire

Ian White, Black Flags (2009-10) mit Adam Sinclaire

Edward Thomasson, Trouble (2023) mit Joshua Andraos, Emine Hohmoncog und Mojo Joho

Edward Thomasson, Trouble (2023) mit Joshua Andraos, Emine Hohmoncog und Mojo Joho

Edward Thomasson, Trouble (2023) mit Joshua Andraos, Emine Hohmoncog und Mojo Joho

Edward Thomasson, Trouble (2023) mit Joshua Andraos, Emine Hohmoncog und Mojo Joho

Billy Bultheel, Auszüge aus Mt. Analogue (2023) mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes

Billy Bultheel, Auszüge aus Mt. Analogue (2023) mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes

Billy Bultheel, Auszüge aus Mt. Analogue (2023) mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes

Billy Bultheel, Auszüge aus Mt. Analogue (2023) mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes

Prélude von Billy Bultheel mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes (2024)

Prélude von Billy Bultheel mit Blaise Cardon-Mienville, Andrea D‘Arsiè, Steve Katona, Fanny Meteier, Thomas Pfaffinger und Vianney Desplantes (2024)

Edward Thomasson, Let this longing lead me (2024) mit Joshua Andraos

Edward Thomasson, Let this longing lead me (2024) mit Joshua Andraos

Aufgeführt im Bonner Kunstverein am 20. Januar 2024. Courtesy die Künstler*innen. Dokumentation: Ben Brix, Paul Levack