Evamaria Schaller, Timo Seber: Peter Mertes Stipendium 2012

10. September – 10. November 2013

Im 27. Jahr des von der Peter Mertes Weinkellerei und dem Bonner Kunstverein gegründeten Stipendiums, zeichnete die Jury Evamaria Schaller und Timo Seber aus, zwei Absolventen der Kunsthochschule für Medien Köln. Ihre ersten institutionellen Einzelpräsentationen bilden den Schluss- wie Höhepunkt der einjährigen Förderung:

Während sich Sebers Foliendrucke und Collagen in der Auseinandersetzung mit der medialen Ausschlachtung eines privaten Schicksals entwickelten, entstanden Schallers Arbeiten im Dialog mit dem Raum und verstricken Ausstellungshalle wie Besucher in performative Handlungen und Settings.

Im Bonner Kunstverein war Timo Seber (*1984 in Köln, lebt und arbeitet in Berlin) schon 2012 im Rahmen der Gruppenausstellung „Nach Bonn – Eine Montage“ vertreten und zeigte dort u. a. filigrane, mit Leinenstoff bespannte Regenschirme. Stoffe, narrative wie textile, sind Konstanten in seinen Arbeiten und bilden auch einen Ausgangspunkt für die neue Werkgruppe. 1980 verschwand in Australien das Baby Azaria Chamberlain, nur ihr blutig-eingerissener Strampler blieb zurück. Die Eltern gerieten unter Mordverdacht, ins Kreuzfeuer der Medien und wurden erst 2012 endgültig freigesprochen. Auf transparente Folien druckte Seber horrorfilmartig aufgemachte Buchcover hierzu erschienener Publikationen, deren perfide Rhetorik aus grafischer wie sprachlicher Polemik in den Großformaten greifbar wird. Hinterfangen sind die Folien von grobmaschig-fransigen Kokosteppichen, die Assoziationen an Detailaufnahmen des Babystramplers wecken. Mögen Übertragungsprozess wie Vergrößerung an die Ästhetik der frühen Pop-Art erinnern, überführt Seber die Bildsprache der Medien in eine eigene Materialität. Seine kleinformatigen Collagen, Zeugen der intensiven Recherche, fordern dagegen ein detaillierteres Einsehen: ein Text zu den Chamberlains wird von Fragmenten einer erschreckenden Azaria-Ikonographie, von ‚Fan’-T-Shirts bis Comic, überlagert. Distanziert wie fasziniert folgt die neue Werkgruppe des Künstlers der Transformation eines privaten Schicksals in ein mediales Spektakel, bei dem die Grenzen zwischen Pop und zeitgenössischer Tragödie fließend geworden sind. Die Wilderin vom Montafon oder Arschgesicht – schon die Titel der Performances, Filme, Installationen oder Ausstellungen lassen eine kraftvolle Position vermuten; und eine österreichische.

Evamaria Schaller (*1980 in Graz, lebt und arbeitet in Köln), die u. a. auch schon mit dem Chargesheimer Stipendium ausgezeichnet wurde, arbeitet mit einer großen Unmittelbarkeit, die weder sich noch die Betrachter schont. Eindringliche Bilder wie Situationen entstehen meist aus basalen Handlungen und einer sensiblen Offenheit den Dingen wie Räumen gegenüber. Erklomm sie z. B. in der Bundeskunsthalle Bonn die lange Treppe der Institution jede einzelne Stufe küssend, kroch sie in der Kölner Galerie Teapot nackt eine enge Stiege hinab ins Dunkel, was in sisyphus-artiger Wiederholung ein beklemmendes Gefühl hinterließ. Auch die Arbeiten für die Ausstellung im Bonner Kunstverein entwickelten sich im Dialog mit dem Raum. Vor Ort entstandene Videoperfomances sowie deren Spuren und Relikte sind neben Papierarbeiten und Objekten zu sehen. In ihnen geht Schaller Themenfeldern wie der Kindheit, dem Sehen oder dem Unheimlichen weiter nach.

Zu der Ausstellung erscheinen zwei Künstlerbücher bei StrzeleckiBooks, Köln.  

Evamaria Schaller, Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel

Evamaria Schaller, Timo Seber, Installationsansicht, 2013, Bonner Kunstverein. Foto: Simon Vogel