Claudia & Julia Müller: Tut Tut Tut
5. April – 1. Juni 2008
Sein und Schein, Vexierbilder und andere visuelle Phänomene stehen im Zentrum der Ausstellung der Schwestern Claudia und Julia Müller (*1964, *1965, Basel). Jüngere Ausstellungen der Künstlerinnen, die in ihrem gemeinsam entwickelten und gezeichneten Werk immer wieder durch ihr humorvolles wie liebevolles Herantasten an die conditio humana bestechen, waren u.a. zu sehen in De Appel Foundation, Amsterdam 2006, Singapore Art Museum 2006, Kunstmuseum Thun / Grazer Kunstverein, 2004, Centro Reina Sofia, Madrid 2003. Die Künstlerinnen sind als Professoren an der Staatlichen Akademie der Bildenden Kunst, Karlsruhe, und an der Ecole supérieure des beaux-arts, Genf, tätig. Mit Claudia und Julia Müller steht die Zeichnung nach der Ausstellung Rita Ackermann und der Gruppenausstellung Freunde für Immer ein weiteres Mal im Brennpunkt: Die Künstlerinnen kombinieren in ihrem Ansatz Wandmalerei, klassische Zeichnung, Installation und Video. Für den Bonner Kunstverein wird ein neuer Werkkomplex erarbeitet, der mit dem Verweis der Maskerade auch Bezug nimmt auf hiesige Traditionen wie den rheinischen Karneval. Auch in der neuen Werkgruppe steht der Mensch im Zentrum, wobei er sich diesmal in der Maskerade erprobt. Etwas anderes sein zu wollen, als man ist, kann als grundlegender menschlicher Zug gesehen werden, der in allen Kulturen in Form unterschiedlicher Traditionen wiederzufinden ist. Von zentraler Bedeutung sind dabei Masken: Im engeren Sinn begegnen wir ihnen im Karneval, Theater und auch im Kabarett, im weiteren Sinne treffen wir sie im Alltag hinter allerhand mehr oder weniger bewusstem Gehabe, Selbstinszenierungen und Posen einzelner Personen an. In der grossen Halle des Bonner Kunstvereins arbeiten die Künstlerinnen an zwei grossdimensionierten, deckenhohen Wandmalereien, die mit jeweils einer gross angelegten installativen Struktur gekoppelt sind. Es werden dunkle Waldstücke suggeriert, in denen sich zahlreiches Bekanntes wie Unbekanntes verbirgt. Baumkronen und –stämme werden zu wild wuchernden, abstrakten Mustern, hinter denen sich ungezähmtes Leben verbirgt. Erst allmählich kann der Besucher im mancherlei skurrile Figuren erkennen, die gleichsam aus dem Dunkeln aufzutauchen scheinen. Die faktisch erkennbare Welt ist untrennbar mit einer visuellen Welt, die aus der Tiefe des Unbewussten stammt verbunden. Dies wird in den raumeinnehmenden Waldlandschaften angesprochen und findet eine Fortsetzung in einer Reihe skulpturaler Objekte, in denen archaische Bräuche und Rituale mit zeitgenössischen oder abstrakten Formen konfrontiert werden. In der heutigen Komplexität gesellschaftlicher Realität entsteht die Sehnsucht nach klaren und einfachen Zeichen, welche in den Traditionsritualen und Brauchtümern gefunden werden können. In der Ausstellung nehmen Claudia und Julia Müller unterschiedliche tradierte Formen auf, um sie dem Betrachter in empathischer Weise gegenüberzustellen und dabei einen Resonanzraum entstehen zu lassen, der den gegenwärtigen Wunsch nach Einfachheit und Klarheit in Frage stellt.