Philosopher of her own Ruin

Dusti Bongé, Rosemarie Castoro, Anna Bella Geiger, Susan Hiller, Ishiuchi Miyako, Lisa Robertson, Bertram Schmiterlöw, Sydney Schrader, Linda Semadeni, Tokiwa Toyoko

23. Februar – 27. Juli 2025

Eröffnung: Samstag, 22. Februar, ab 19 Uhr

Toyoko Tokiwa, Oroku's Room, 1968, Silbergelatineabzug. Mit freundlicher Genehmigung des Museum of Yokohama Urban History. Copyright Museum of Yokohama Urban History. 2003.

Toyoko Tokiwa, Oroku's Room, 1968, Silbergelatineabzug. Mit freundlicher Genehmigung des Museum of Yokohama Urban History. Copyright Museum of Yokohama Urban History. 2003.

Die Ausstellung und die sie begleitende Recherche folgen dem Schicksal einer Entität, einst eine Person, in einer späteren Phase ihres Lebens. An einem kritischen Punkt angelangt, geriet sie von einer starken Sichtbarkeit in die Unsichtbarkeit. In diesem Moment, in dem ihr Körper die bis dahin unbekannte Transformation erlebte, erfuhr sie eine ungekannte Freiheit. Diese eröffnete einen ganz neuen Weg zur Selbstverwirklichung.

Die Dichterin Lisa Robertson (geb. 1961) bezeichnet diese Erfahrung als eine „undokumentierte Körperlichkeit“, von der eine „faszinierende Auseinandersetzung“ ausgehen kann. Es beginnt kein neues Leben, vielmehr werden neue Vorgehensweisen möglich. Handlungen werden von den Rändern aus vollzogen, im Verborgenen und in aller Öffentlichkeit. Der neue Körper spielt mit dem Verfall seines Wertes – er benötigt nichts von dem, was ein anderer ihm anbieten kann.

Robertsons Lyrik bietet Anhaltspunkte für den konzeptuellen Rahmen der Ausstellung, die Werke von Künstler*innen mit unterschiedlichen historischen und geografischen Hintergründen vereint.

Den Auftakt bildet die japanische Fotografin Toyoko Tokiwa (1928–2019). In ihrem Werk werden die Veränderungen des Lebens zum Gegenstand ihrer Untersuchungen: Sie zeigt uns die Form dieses neuen Körpers, nach einer Phase starker Sichtbarkeit, kurz vor seinem Verschwinden.

Wie alle in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen und Künstler, wird auch Tokiwa’s Werk nicht primär von ihrer Identität oder Nationalität bestimmt. Ihre Fotografien führen in eine Präsentation ein, die deutlich weniger damit befasst ist, „wer" arbeitet, sondern vielmehr fragt, „warum" die Arbeit gemacht wurde. Wie die ausgestellten Werke, sind auch die Personen, die Künstler*innen, die mit ihrer Schaffung assoziiert werden, keine singulären Personen oder Identitäten. Sie treten in einen konzentrierten Dialog, innerhalb einer noch größeren Untersuchung dieses noch unerschlossenen Weges
zur Selbstverwirklichung.

Arbeiten von Dusti Bongé (1903–1993), Rosemarie Castoro (1939–2015), Anna Bella Geiger (geb. 1933), Susan Hiller (1940–2019), Ishiuchi Miyako (geb. 1947), Bertram Schmiterlöw (1920–2002), Sydney Schrader (geb. 1987) und Linda Semadeni (geb. 1985) komplementieren diesen Weg.

Letztendlich führt dieser Weg in die Obsoleszenz, denn ihre früheren Ziele und Handlungen entsprechen ihnen nicht mehr. Sie wurden überflüssig, aber umso beständiger. An die Prinzipien des Zens angelehnt, wurden sie ihres einstigen Selbsts entleert. Sie wurden neu geschaffen und sind nicht mehr zu brechen.

Die Werke der Künstler*innen konzentrieren sich auf den Bereich zwischen der gewaltvollen Aufruhr der Verwandlung und dem Frieden, der sich nach Erreichen der anderen Seite einstellt. Einsamkeit ist eine Stärke dieser Werke, die sich im Bereich des Unsichtbaren bewegen. Ihre Körper werden noch immer erkannt, ihre Zweifel und Empfindungen in vollem Maße erlebt. Diese neuen Entitäten fordern mehr vom Leben als das, was es ihnen früher gab, während sie eine alternative Deutung ihres Nutzens anbieten.

In der Ausstellung begegnen wir einer vertraulichen Zusammenstellung von Werken, die uns einladen, ihnen nicht nur einzeln gegenüberzutreten, sondern uns zwischen ihnen treiben zu lassen. Die Präsentation erlaubt einen Spaziergang durch Erfahrungen, ausgeschmückt von Leben, die die gesellschaftliche Forderung nach Nutzwert abgestreift haben. Ein Verlust, durch den die Körper neue Autonomie erfahren – sowohl von beträchtlicher Freude als auch von Verderben.

–Alan Longino


Kuratiert von Alan Longino, umgesetzt von Fatima Hellberg, Andrew Christopher Green und Martha Joseph.

Eine begleitende Publikation, herausgegeben von Fatima Hellberg, Andrew Christopher Green und Martha Joseph, erscheint anlässlich der Eröffnung.

Philosopher of her own Ruin ist die letzte Ausstellung des Programms von Fatima Hellberg im Bonner Kunstverein.


Der Kurator, Schriftsteller und Kunsthistoriker Alan Longino (1987–2024) ist in Biloxi, Mississippi, geboren und aufgewachsen. Nachdem er im Rheinland, in New York und Chicago gearbeitet hatte, war er Doktorand der Kunstgeschichte an der University of Chicago, wo er den Raum Longino I.A.H. (2023–2024) leitete. Seine Forschung konzentrierte sich auf die japanische Konzeptkunst der Nachkriegszeit. Als unabhängiger Kurator organisierte und co-organisierte er Ausstellungen in Galerien und Universitäten, darunter 15 Orient, New York; Empty Gallery, Hongkong; Gallery G, Hiroshima; University of Hawai'i und Yale Union. Mit der Yale Union gab er das Quantum Art Manifesto des Künstlers Yutaka Matsuzawa aus dem Jahr 1988 zum ersten Mal außerhalb Japans heraus.


Ermöglicht durch die großzügige Unterstützung der Jenni Crain Foundation, Kunststiftung NRW, Pro Helvetia, der Karin und Uwe Hollweg Stiftung und eines Kreises von Unterstützer*innen, die sich großzügig für dieses Projekt eingesetzt haben, darunter Stephen Cheng aund Alexander Lau, James Cahn und Jeremiah Collatz, Ines Knauber, Julius Woeste, Manoucher Khoshbakht, Dr. Antonia Nolte, Max Mayer, Maxwell Graham, Jan Kaps, Piotr Drewko, Liz Deschenes, und Carol Greene.